Der Begriff “Barrierefreiheit” (im englischen auch “Accessibility”) spielt in der digitalen Welt eine immer größere Rolle. Man hört es oft im UX-, UI- und Web-Design, aber es kommt mittlerweile auch häufiger im Marketing vor. Doch was genau ist damit gemeint und was bedeutet das für Content Creator und Marketing-Manager weltweit?
Google Trends: Barrierefreiheit im Web und ihre dazugehörigen Regeln werden 2021 doppelt so oft aufgerufen wie nur 5 Jahre zuvor. Man kann also mit Sicherheit sagen, dass dieses Thema mit jedem Jahr mehr Aufmerksamkeit generiert – und zurecht. Das Internet und ihre Inhalte sind zwar noch eine relativ neue Erfindung, aber zugänglich für alle hätten sie schon von Anfang an sein sollen. Und das liegt nicht nur im Interesse der Menschen, die unter den unzugänglichen Inhalten leiden, auch Unternehmen und deren Marketing-Abteilung sind davon betroffen. Denn wenn dein Content nicht für alle verfügbar ist, verlierst du Leser*innen oder Zuschauer*innen, und im schlimmsten Fall auch potentielle Kunden. Genau das passiert gerade mit 98% aller meist verlinkten Webseiten im Internet. Wir wissen also, dass Zugänglichkeit aus ethischer und aus Marketing-Sicht unglaublich wichtig ist und dass es heute noch ein ziemlich großes Problem aufweist – was ist jetzt aber genau mit “Barrierefreiheit im Web” gemeint und woher weiß man, wenn etwas nicht zugänglich für alle ist?
Barrierefreiheit im Web – was genau bedeutet das?
Grundsätzlich bedeutet “Barrierefreiheit” auf digitaler Ebene die Zugänglichkeit von Web-Inhalten sowohl für Menschen mit Behinderungen als auch für alle anderen Menschen. Das heißt, dass z.B. ein Mensch mit einer Sehbehinderung deine Inhalte wahrnehmen und die Möglichkeit haben sollte damit zu interagieren. Im Marketing kannst du natürlich nichts gegen die Geräte oder den Internetzugang tun, den deine Webseiten-Besucher*innen nutzen, aber du kannst in jedem Fall deine Texte, Videos und sogar Bilder Barrierefrei gestalten, sodass jede*r deine Inhalte in vollen Zügen genießen kann. Ungefähr 285 Millionen Menschen leben mit einer Behinderung und diese sollten die Möglichkeit haben das Internet barrierefrei zu nutzen. Menschen, die Inhalte kreieren, spielen dabei eine wichtige Rolle und können auch nur mit kleinen Ergänzungen ihre Inhalte zugänglicher gestalten.
Barrierefreie Texte
Blogartikel, Social Media Beiträge, Text auf Bildern – alles, was gelesen werden muss, kann und sollte so lesbar wie möglich gestaltet werden. Hier ein paar Tipps dazu:
- Eine logische Reihenfolge deines Textes spielt in der Barrierefreiheit eine wichtige Rolle. Denn manchmal gibt der Sprachassistent deine Inhalte nicht in der geplanten Struktur wieder. Achte beim gestalten deines Textes darauf, dass alles in logischer Reihenfolge abgearbeitet wird
- Der Kontrast des Textes zur Hintergrundfarbe muss stark genug sein, um Menschen mit Sehschwächen das lesen angenehmer zu machen
- Titel und Zwischenüberschriften sind sowohl wichtig zum Verständnis als auch für die Navigation. Denn wenn jemand Informationen zu einem bestimmten Thema sucht, kann man sie durch die Überschriften einfacher finden. Gestalte sie kurz und verständlich und kennzeichne sie immer über HTML mit dem H-Element, damit der Sprachassistent einen Unterschied zu normalem Text erkennt und diesen dann den Leser*innen mitteilen kann
Barrierefreie Bilder
Bilder müssen nicht nur visuelle Informationen bieten, vor allem weil nicht jede*r solche Informationen wahrnehmen kann. Eine wichtige Methode, um Bilder zugänglicher zu gestalten, ist die Nutzung des Alternativ-Texts, damit Sprachassistenten diese vorlesen können. Es gehört immer noch zu einer Option, die selten von Webseiten oder Social Media Accounts genutzt wird, aber wenn kein Alternativ-Text vorhanden ist, wird automatisch einer für das gegebene Bild generiert. Es ist dennoch sinnvoller, wenn die eigentlichen Kreierer*innen dieser Informationen, z.B. wenn es eine Statistik ist, diese selbst beschreiben um auch das zu vermitteln was man möchte. Man muss auch jetzt nicht gleich einen ganzen Absatz schreiben – grundsätzlich sagt man ca. 80 Wörter sei eine gute Länge, denn zu viel Text würde Leser*innen auch unnötig aufhalten.
Barrierefreie Videos
Auch bei Videos können und sollen Inhalte barrierefrei gestaltet werden. Die am häufigsten genutzte und eine sehr wichtige Methode ist die Nutzung von Untertiteln. So können Menschen mit einer Hörbehinderung auch die auditiven Informationen aufnehmen, die in den meisten Videos extrem wichtig sind.
Bei Untertiteln gibt es bestimmte Regeln und Anforderungen, die zu beachten sind, wie z.B. die Länge, Zeit, Positionierung und Standzeit. Zudem sind die Regeln des barrierefreien Textes wieder einzuhalten, also sollten die Untertitel gut lesbar sein und einen möglichst hohen Kontrast zum Hintergrund erhalten. Am liebsten sollten die Untertitel auch synchron zum Video abgespielt werden, damit Zuschauer*innen auch wieder einen logischen Zusammenschluss haben und das Video einfacher verfolgen können. Viele Plattformen bieten bereits vor-generierte Untertitel an, z.B. YouTube oder TikTok. Diese sind auch ziemlich akkurat, aber trotzdem sollte man immer drüber schauen um sicher zu sein, dass sich keine Fehler eingeschlichen haben.
Es ist zudem auch wichtig nicht nur das gesprochene, sondern auch weitere Geräusche in Text umzuwandeln. Um diese vom gesprochenen Text zu unterscheiden, schreibt man Geräusche meist in Klammern. Wenn jemand in deinem Video z.B. einen Berg hochläuft und dabei schauft, sollte dieses Geräusch auch in den Untertiteln erwähnt werden, um den Zuschauer*innen die Szene so nah zu bringen wie möglich. Wichtig: vor-generierte Untertitel lassen Geräusche meist weg, weshalb man diese dann manuell eintragen müsste. Grundsätzlich kann man sagen: alles, was im Video ziemlich gut gehört werden kann, sollte auch in den Untertiteln wiedergegeben werden. Beispiele hierfür wären tiefe Atemzüge, Schreie, Lachen oder Schluchzen.
Fazit
Es gibt unzählige Möglichkeiten, die hier noch nicht erwähnt wurden, um Inhalte im Web barrierefrei für alle zu machen. Je mehr Methoden man aber benutzt, desto aufwendiger wird auch die Produktion der Inhalte. Wenn man also nicht die Ressourcen hat, um komplett barrierefrei zu arbeiten, sollte man sich wenigstens auf die kleineren Optionen konzentrieren, die einem kaum mehr Arbeit geben und trotzdem einen großen Unterschied im Web machen. Denn Barrierefreie Web-Inhalte sollten schließlich zur Normalität gehören wenn wir allen Menschen die Chance geben wollen unseren Content zu genießen. Und wir wissen jetzt, dass auch nur eine kleine Änderung des Kontrasts oder 80 zusätzliche Wörter bereits eine große Inklusivität mit sich bringen.